Felix-Klein-Modellierungswoche, 26. November bis 01. Dezember 2023

Mit über 40 Schüler:innen, Lehrkräften und KOMMS-Mitarbeiter:innen waren wir in Wolfstein (Landkreis Kusel) zu Gast. Mit der Modellierungswoche wollen wir interessierte Schüler:innen fördern und wollen die Teilnehmenden individuell unterstützen, Modellierungskompetenzen zu erwerben. Dazu arbeiteten die Teilnehmenden während der zweiten Modellierungswoche des Jahres in kleinen Gruppen. Folgende  Modellierungsaufgaben, die aus Forschungs- oder Industrieprojekten entstammen und passend für die Zielgruppe aufbereitet wurden, standen dabei im Mittelpunkt:

  • Thema 1: Katapultoptimierung
  • Thema 2: Auf dem Weg zur Energieautarkie
  • Thema 3: Skat - Ein immaterielles Kulturerbe
  • Thema 4: Einen LKW optimal beladen
  • Thema 5: Auf der Suche nach einem schattigen Plätzchen
  • Thema 6: Wie die Albedo unsere Durchschnittstemperatur beeinflusst

Thema 1: Katapultoptimierung

Im Projekt Katapultoptimierung war das Ziel die Wurfweite eines Katapults zu maximieren, indem Abwurfwinkel und Wurfarm-Länge angepasst wurden. Ursprünglich basierte ihr Ansatz auf einem mathematischen Modell des schrägen Wurfs, welches jedoch aufgrund von Faktoren wie Reibung ungenaue Vorhersagen lieferte. Die Schüler wandten sich daraufhin der Datenanalyse zu und entwickelten durch umfassende Messungen ein Interpolationsmodell. Die Daten wurden in Python visualisiert, um weitere Erkenntnisse über den Zusammenhang der Größen zu sammeln. Dieses Modell wurde in ein GeoGebra-Programm integriert, das nun präzise Einstellungen für spezifische Wurfweiten vorschlägt. Das Projekt zeigt die Bedeutung von Experimentieren und datengestützter Analyse in der praktischen Anwendung physikalischer Konzepte.

Thema 2: Auf dem Weg zur Energieautarkie

Im Projekt Auf dem Weg zur Energieautarkie beschäftigten sich die Schüler:innen mit dem Autarkiegrad von Photovoltaik-Systemen. Insbesondere wurde untersucht wie hoch der Autarkiegrad einer PV-Anlage auf dem Flachdach eines Einfamilienhauses (mit und ohne Batteriespeicher) ist. Die Gruppe ging zunächst von einer Anlage ohne Speicher aus und simulierte die Bestrahlungsstärke und den resultierenden PV-Ertrag im Tagesverlauf für typische Tage der 4 Jahreszeiten. Hierzu wurde die Annahme getroffen, dass kein Schatten durch große Bäume oder Häuser geworfen wird. Weiterhin recherchierte die Gruppe ein Standard Lastprofil eines Haushalts. Die Schüler:innen entwickelten ein Excel-Sheet, in dem verschiedene Eingangsgrößen z.B. zur Größe der Anlage und der gewünschten Speichergröße getätigt werden können und daraus für Kunden interessante Ausgangsgrößen, wie dem Autarkiegrad, den Kosten und dem Zeitpunkt der Amortisierung berechnet werden können. Außerdem werden Stromerzeugung, -verbrauch und Ladezustand des Batteriespeichers im Stundentakt visualisiert. Die Gruppe diskutierte über die zahlreichen Einflussfaktoren und traf weitere Annahmen, um das Modell noch besser an die Realität anzupassen.

Thema 3: Skat – Ein immaterielles Kulturerbe

Im Projekt Skat – Ein immaterielles Kulturerbe verfolgten die Schüler:innen das Ziel, die Reizentscheidung im Skatspiel zu untersuchen. Durch die Entwicklung eines Entscheidungsunterstützungssystems, gelang es ihnen, effektive Strategien zu identifizieren und anzuwenden. In einem ersten Schritt entwarf die Gruppe eine auf Entscheidungsbäumen und einem Punktesystem basierende Strategie, um festzustellen, ob eine gegebene Hand reizwürdig ist. Dieser Ansatz wurde anschließend in Python implementiert und durch die Integration der Hypergeometrischen Verteilung erweitert. Diese Erweiterung ermöglichte die Berechnung der Wahrscheinlichkeiten für die Verteilung der unbekannten Karten und dies konnte in die ursprüngliche Strategie einbezogen werden.

Nach der erfolgreichen Entwicklung des Systems wurde eine Überprüfung anhand eines Testdatensatzes durchgeführt, um die Effektivität und Genauigkeit der entwickelten Reizstrategien zu validieren.  Die Schüler:innen zeigten nicht nur ihre fachliche Kompetenz im Bereich der mathematischen Modellierung, Datenanalyse, Stochastik und Statistik, sondern demonstrierten auch ihre Fähigkeit, theoretische Konzepte erfolgreich in einer praxisnahen Anwendung umzusetzen.

Thema 4: Einen LKW optimal beladen

Im Projekt zur optimalen Beladung eines LKWs ging es darum, für individuelle Kundenaufträge algorithmisch gute Ladepläne zur Auslieferung der Pakete zu ermitteln. Die Herausforderung bestand darin, die mehr als 630 Trilliarden theoretisch möglichen Ladepläne auf eine geringere Anzahl zu reduzieren, die ein Computer verarbeiten und vergleichen kann - ohne dabei gute Ladepläne zu verlieren. Die Schüler:innen entwickelten dazu obere und untere Schranken, die bei der Enumeration der möglichen Pläne ungeeignete Lösungen abschneiden. Mittels einer Bewertungsfunktion wurden die verbleibenden Ladepläne gerankt, um die besten auswählen zu können. Die Algorithmen wurden in Python implementiert und mit einer Visualisierung des Ladeplans angereichert.

Thema 5: Auf der Suche nach einem schattigen Plätzchen

Im Projekt Auf der Suche nach einem schattigen Plätzchen beschäftigten sich die Schüler:innen mit der Frage, wie ein Cafébesitzer seine Tische aufstellen sollte, damit seine Gäste in den Sommermonaten möglichst viel im Schatten sitzen. Die Schüler:innen wählten München als Caféstandort und begannen ihre Recherche mit einem detaillierten Blick auf das Sonnenstandsdiagramm der Stadt. Durch die geschickte Anwendung trigonometrischer Funktionen, basierend auf Sonnenhöhe und Azimut, gelang es den Schüler:innen die Sonnenrichtung zu jedem Zeitpunkt im Kalenderjahr als Vektor zu bestimmen. Sie entwarfen verschiedene dreidimensionale Gebäudeformen in GeoGebra und verwendeten die schiefe Parallelprojektion aus der analytischen Geometrie, um die Schatten der Gebäude zu modellieren. Mit Hilfe einer Heatmap identifizierten sie Bereiche auf der

Caféterrasse, die besonders stark verschattet sind. Mit einer Simulation in GeoGebra verfolgten die Schüler:innen den Verlauf der Sonne von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang. Diese Simulation bildete zusammen mit der Heatmap die Grundlage für ihre strategische Entscheidung über die Platzierung der Cafétische. Um ihre Auswahl zu objektivieren, implementierten die Schüler:innen eine Bewertungsfunktion in Python, die Straßenzügen eine Punktzahl zuweist, die den Grad der Verschattung angibt.

Thema 6: Klimawandel: Wie die Albedo unsere Durchschnittstemperatur beeinflusst

Im Projekt Klimawandel: Wie die Albedo unsere Durchschnittstemperatur beeinflusst hatten die Schüler:innen das Ziel, den Einfluss des Reflexionsvermögens der Erde, auch als Albedo bezeichnet, auf den Strahlungshaushalt und damit die mittlere Temperatur der Erde zu untersuchen. Hierfür recherchierten sie zunächst die physikalischen Hintergründe der Strahlungsbilanz und die Albedowerte verschiedener Oberflächen. Durch geometrische und geografische Überlegungen gelang eine Abschätzung der eisbedeckten und eisfreien Flächen. Unter Berücksichtigung des natürlichen Treibhauseffekts konnten die Schüler:innen mit ihren Abschätzungen nah an die tatsächliche Durchschnittstemperatur der Erde herankommen und so ihre Überlegungen validieren. Im Folgenden untersuchten sie den Einfluss verschiedener Oberflächenbeschaffenheiten, insbesondere Neuschnee, Altschnee, Eis und, im Falle der Antarktis, Gestein auf die resultierende Durchschnittstemperatur sowie die positive Eis-Albedo-Rückkopplung auf das perspektivische Temperaturverhalten der Erde. Alle Untersuchungen wurden auch mithilfe von Python berechnet und visualisiert. Die Schüler:innen zeigten hierbei einerseits Kompetenzen im Bereich wissenschaftlicher Recherche, vernünftiger Modellannahmen und dem Umgang mit Funktionen mit mehreren Variablen sowie überdies ihr Vermögen, ihre Ergebnisse kritisch zu hinterfragen und unzureichende Modellannahmen zu identifizieren und zu überarbeiten.

Exkursion

Unser Ausflug führte uns ins Fraunhofer Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik (ITWM). Das ITWM ist eines der größten Forschungsinstitute, das "Mathe in die Praxis bringt" und unterstützt das KOMMS seit vielen Jahren. Während des Besuchs konnten die Schüler:innen erfahren, wie der Alltag eines Mathematikers im Beruf aussieht und einen Einblick in Projekte des ITWM erhalten. Die zweite Station unseres Ausflugs führte uns zum Betzenberg, wo wir im Rahmen einer Stadionführung einen Blick hinter die Kulissen erhielten.